Montag, 8. Januar 2007

Sanfter Tod?

Zur Zeit schreibe ich, als "Zwischenprojekt" sozusagen, an einem "Mädchenkrimi." Zielgruppe besagte Mädchen von 12-16. Das bedeutet, nach den Wünschen des Verlags, einen im Prinzip ganz normalen Krimi, nur weniger Seiten (warum eigentlich? Die haben doch noch Zeit für Schmöker) und etwas weniger Brutalität.
Weniger als wer oder was? Bin ich sonst etwa brutal? Kann ich mich nicht erinnern.
Also nicht brutal, aber Tote dürfen schon sein. Eben sanfte Morde ...
Das ist irgendwie genauso idiotisch, wie wenn in der Zeitung immer steht "wurde brutal vergewaltigt." Was, bitteschön, ist denn eine Vergewaltigung anderes außer brutal? Mit den Morden ist es ähnlich. Wahrscheinlich meinen sie, ich sollte nicht so sehr ins Detail gehen. Ist auch nicht notwendig. Die Fantasie der Leser ist nämlich grausiger als das, was ich zu Papier bringen könnte.
Ich selbst glaube ja, dass Mädchen dieses Alters recht abgehärtet sind und einiges abkönnnen. Schließlich sehen die auch fern. Und ist nicht Harry Potter auch ziemlich brutal an manchen Stellen?
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Brunobrunetti - 8. Jan, 15:19

wieso idiotisch?

Natürlich ist eine Vergewaltigung grundsätzlich immer brutal. Sie ist ja auch ein Gewaltakt. Gewalt, oder Brutalität lässt sich potenzieren. Es ist doch völlig logisch, was gemeint ist, wenn ein eine Vergewaltigung oder andere Brutalitäten, extra "brutal" genannt werden. Es ist brutal ein Kind zu töten und es im Blumenkasten zu verbuddeln. Noch brutaler ist es, es an die Wand zu werfen oder mit der Axt zu zerlegen. Das Ergebnis, oder wie der Jurist sagt "der Erfolg" ist identisch. Das Kind ist tot. Aber die Art und Weise, die Energie welche aufgewand wurde macht den Unterschied.
Die Seele eines Menschen kann unterschiedlich massiv zerstört werden. Denken Sie nur an frau Kampusch.

SusanneM - 9. Jan, 10:54

Klar, es gibt immer Abstufungen Aber das Wort "brutal", gerade im Zusammenhang mit Körperverletzungen wird so exzessiv und gewohnheitsmäßig in der Presse verwendet, dass es sich schon abnutzt. Achten Sie mal darauf.
code23 - 9. Jan, 09:15

sensibel

Ich selbst glaube ja, dass Mädchen dieses Alters recht abgehärtet sind und einiges abkönnnen. Schließlich sehen die auch fern. Und ist nicht Harry Potter auch ziemlich brutal an manchen Stellen?
Denken Sie daran, dass Mädchen in diesem Altersbereich ihre erste Regel bekommen, erste Jungenfreundschaften haben, die Pubertät in vollem Gange ist und sie deshalb oft sehr sensibel auf Dinge reagieren. Aus eigener Erfahreung (Vater einer 12 Jährigen Tochter) kann ich nur sagen, dass sie oft, auch nach harmlosen Filmen oder Büchern das Bedürfnis hatte darüber zu reden um ihre kleine Seele zu erleichtern und erst danach einschlafen konnte.

SusanneM - 9. Jan, 10:57

Tja, wenn das so ist, dann ist diese "Mädchenthriller"-Geschichte womöglich ein Flop, weil die Zielgruppe gar nicht existiert? Bin gespannt. Die Idee ist ja nicht auf meinem Mist gewachsen, ich liefere nur den Stoff und frag mich eben, wie weit ich gehen kann/darf/muss. Zu harmlos darf es ja auch nicht sein, sonst ist es den Mädchen vielleicht zu kindisch oder zu langweilig. Aber dafür gibt es ja zum Glück noch Lektoren.
Christoph_HP - 17. Jan, 13:01

"Mädchenkrimi" - klingt das nicht gruselig?

Allein schon der Begriff lässt meine Nackenhaare erigieren! Sind es nicht gerade Krimis, in deren Leserschaft von kleinen Jungs wie Kalle Blomquist bis hin zu alten Ladies wie Miss Marple Menschen jeden Alters und Geschlechts gleichermaßen vertreten sind? Vielleicht ist eine junge Frau, die als erstes "richtiges" Buch unbedingt die Säulen der Erde lesen wollte, nicht gerade das Maß aller Dinge. Jedenfalls schätzt - seit sie sich vor Jahren in einem unbeobachteten Augenblick das erste Kapitel von "Freeway" mit wachsender Begeisterung reingezogen hatte - unsere mittlerweile 14-jährige Tochter SM-Krimis so wie sie sind und wäre von einer weichgespülten Susanne Mischke sicherlich enttäuscht.

Davon abgesehen, hast du deinen ersten "Mädchenkrimi" nicht schon hinter dir? Ein bei jungen Frauen brandaktuelles Thema, grausam, aber nicht brutal, nicht zu umfangreich (warum auch immer), aber spannend bis zum Schluss, sind das nicht Attribute, die allesamt auf "Schwarz ist die Nacht" zutreffen? Bücher wie "Liebe ... ganz schön peinlich", "Mathe, Stress und Liebeskummer" oder "Hexen küsst man nicht" gibt es schon mehr als genug, deshalb solltest du dir und deiner Schreibe treu bleiben, um Mädchen, die die Welt lieber mit offenen Augen als durch eine rosarote Brille betrachten, eine reizvolle Alternative zu bieten.

SusanneM - 18. Jan, 10:50

Kein Weichspüler!

Keine Sorge, so was könnt ich schon gar nicht.
Es geht wohl im Wesentlichen darum, dass die Protagonisten etwas jünger sind. Meine sind jetzt 16. Ansonsten ist alles wie gehabt. Aber danke für die Info. Kann ich vielleicht noch gut brauchen, wenn mir die Lektorin "Weichgespültes" aufschwatzen will.
Die Titel, die Sie da nennen sind wahrhaft gruselig. So was wird's nicht! Never ever! Mein Arbeitstitel heißt "Rivalinnen", ich hoffe, das bleibt so. Und es ist ein ganz normaler Psychothriller, nur eben unter Teenies.
Dass Mädchen von 12-16 eine extra Krimi-Zielgruppe sein sollen ist mir auch neu gewesen. Aber irgendwas wird sich Arena ja dabei gedacht haben ... Warten wir' ab. Ich berichte! Und ganz liebe Grüße an die Tochter.
Die angedeutet Leichenschänder-Szene in "Schwarz ist die Nacht" würde allerdings aus dem jetzigen Mädchen-Roman sicher rausfliegen. Wie hat Ihre Tochter die aufgenommen? Würd mich echt interessieren.
Christoph_HP - 18. Jan, 15:30

16-jährige Protagonisten sind okay!

Ich muss zugeben, dass ich die jungen Damen aus "Schwarz ist die Nacht" gestern etwas jünger in Erinnerung hatte als sie "in Wirklichkeit" sind. Das Thema ließ mir aber keine Ruhe, so dass ich mir am Abend das Buch noch einmal vornahm, um es mit jüngeren Augen zu lesen und festzustellen, dass das Thema Internet/Chat durchaus packend, aber die Protagonisten schlichtweg zu alt und Ermittler der Eltern- und Großelterngeneration für ein dediziertes Jugendbuch doch nicht so der Burner sind.

Erwähnt hatte ich nicht die Leichenschänder-Szene aus "Schwarz ist die Nacht", sondern die Flughafen-Szene aus "Freeway", und die fand meine Tochter zum damaligen Zeitpunkt einfach schrill. Vielleicht auch ein bisschen ernüchternd, was Erwachsene sich so alles an "Perversitäten" zu Gemüte führen. Was sie allerdings nicht ruhen ließ, die Lesegenehmigung für den Rest des Buches mit Nachdruck zu betreiben. Inzwischen liest sie ziemlich alles, was in unseren Regalen steht und verfügt - gemeinsam mit ihrem Bruder - über einen repräsentativen Querschnitt aktueller Jugendliteratur, der auch bei meiner Frau und mir regen Zuspruch findet. Von der ganzen Familie gleichermaßen favorisiert werden zurzeit die beiden Bände von "Radio Gaga" von Katrin Bongard und "Bis(s) zum Morgengrauen" von Stephenie Meyer, dessen zweiter Band im Februar mit Spannung erwartet wird. Alle vier Bände seien dir - sofern du sie nicht kennst - als Zwischendrin-Lektüre wärmstens empfohlen.

Bei Szenen wie der Leichenschändung kommt in meinen Augen ein großer Vorteil des Lesens zum Tragen. Während man einen Film (im Kino gar bis zum bitteren Ende) über sich ergehen lassen muss, bestimmt man beim Lesen Tempo und Tiefgang selbst, entspringt die Intensität der assozierten Bilder der eigenen Fantasie. Dies führt nach meiner Erfahrung oft genug dazu, dass eine von Erwachsenen als nicht jugendfrei eingeschätzte Szene junge Menschen überraschend wenig berührt, während sie von einer eher als banal empfundenen Szene schier entsetzt sind. Wichtig und für beide Generationen bereichernd ist, dass man gelesene Bücher bespricht, hinterfragt, kommentiert, kritisiert, weiter empfiehlt.

Apropos weiter empfehlen - natürlich habe ich meiner Tochter von deinem Zwischenprojekt erzählt. Sie fand es total spannend, in einer so frühen Phase von einem Buch (von jahrelang avisierten Potters einmal abgesehen) zu erfahren. Natürlich wollte sie gleich nähere Einzelheiten wissen, Dinge die vielleicht noch gar nicht feststehen oder noch geheim sind. Immerhin gibt's schon mal einen (Arbeits-)Titel, und vielleicht lässt du dir ja auch entlocken, wie lange man sich noch gedulden muss. Und wenn du mal eine spezielle Frage an eine Vertreterin der Zielgruppe hättest ... Auf jeden Fall werde ich ihr deine Grüße übermitteln!

Gruß auch an deine Lektorin! Vielleicht kannst du sie ja davon überzeugen, dass junge Leute keine Angst vor dicken Büchern haben. Bücher wie Eragon oder der mit jedem Band umfangreicher werdende Harry Potter beweisen es!

P.S. Aus Gewohnheit und ohne weiter darüber nachzudenken, habe ich dich gestern mit dem von mir im Internet ausschließlich benutzten Du angesprochen. Wenn es dich stört, sag Bescheid, ansonsten würde ich gerne dabei bleiben.
salvador_73 - 18. Jan, 09:41

fantasie

Ich glaube auch, daß es nicht unbedingt nötig ist, ins Detail zu gehen, da werden nämlich immer nur die falschen Zeilen zitiert :))

Aber Mädchenkrimi, das bietet doch großartige Inhalte..

Man stelle sich vor, in das Leben einer "normale" (Liebeskummer, etwas Neid auf die Klassenkameradin, Unsicherheit, das Volleyballteam) 15jährigen tritt plötzlich ein Unbekannter, der ihr mystische Mitteilungen per SMS sendet. Jemand, der sie sehr gut zu kennen scheint, der Intime Geheimnisse weiß, der vorgibt, diese ihren Eltern zu verraten, wenn sie nicht hilft, ein Verbrechen zu begehen..

Plötzlich geschieht im umfeld dieses Verbrechens ein Mord, sie beschließt zur Polizei zu gehen, sie betritt gerade die Türschwelle, als der unbekannte ihr schreibt "tu es nicht, sonst...."

brrrrrrr :)) Viel Spaß jedenfalls!

SusanneM - 18. Jan, 10:51

Guter Plot!

Aufschreiben, wegschicken!

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